Gedenktag für Sternenkinder: Interview mit Sternenkindmama Jasmin

Triggerwarnung: Dieser Text enthält Bezüge zum Thema Tod. 

Am 15. Oktober ist der Tag der Sternenkinder. Als Sternenkinder werden Kinder bezeichnet, die während oder kurz nach der Schwangerschaft versterben. Damit wird die Vorstellung assoziiert, dass die Kinder in den Himmel kommen und von dort über ihre Eltern wachen. Ein Kind, das nach einem Sternenkind geboren ist, wird als Regenbogenbaby bezeichnet.

In Deutschland endet im Durchschnitt jede vierte von 1.000 Geburten mit dem Tod des Babys, so die Zahl für 2019 vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung. Dabei werden nur die Totgeburten erfasst, bei denen das Gewicht des Babys mehr als 500 Gramm beträgt. Obwohl also zahlreiche Frauen die Erfahrung machen, Sternenkindmama zu sein, ist das Thema Totgeburt noch sehr häufig ein Tabu, über das nicht gesprochen wird. Anlässlich des Tages der Sternenkinder haben wir uns mit Mama Jasmin unterhalten.  


Liebe Jasmin, willkommen! Magst du uns kurz erzählen, wer du bist? 


Fotos von @mama.mit.vorzuegen

Hallo! Ich bin Jasmin, 27 Jahre, aus dem schönen Oberbayern und ich stecke hinter dem Instagram Kanal „Mama mit Vorzügen“. Ich bin Mama von zwei Erdenjungs, die ich ganz fest an der Hand habe und Mama von 3 Sternenkindern, die fest in meinem Herzen wohnen. 

Auf deinem Instagram Kanal sprichst du offen mit deiner Community über dein Leben als Mama und thematisierst dabei auch deine Erfahrungen als Sternenkindmama. Warum hast du dich dafür entschieden, deine Geschichte öffentlich zu teilen? 

Ich habe mich im Januar 2020 bei Instagram angemeldet, um unseren Weg zum 3. Wunschkind zu teilen. Nach 2 gesunden und unkomplizierten Schwangerschaften, haben wir uns gefreut, recht schnell wieder positiv testen zu dürfen. Im März 2020 hat sich unser kleines „Sternli“ in der 10. Schwangerschaftswoche entschieden, zu gehen. Wir haben das relativ gut weggesteckt, eine frühe Fehlgeburt ist leider nichts Seltenes und auch nicht gleich ein Grund, sich Sorgen machen zu müssen. Schon damals hat mir aber der Austausch mit anderen Betroffenen gutgetan und mir Mut gemacht. Im Juli 2020 durften wir erneut positiv testen und haben uns auf unser „Regenbogenbaby“ gefreut und nach der 12. Schwangerschaftswoche verflog dann auch die große Angst. Im November 2020 kam unser Matheo dann leider still zur Welt.

Man denkt immer, Sternenkinder sind ein Tabu Thema, dabei ist genau der Gedanke der falsche Weg damit umzugehen. 

JASMIN

Danach habe ich einige Wochen Pause auf Instagram gemacht, ich wusste nicht, ob ich überhaupt damit weiter machen will, weil ich Gedanken hatte wie: „Wer will das jetzt schon hören?“. Mir haben Instagram und meine Community aber unglaublich gefehlt, und so habe ich in der Hoffnung, dass es mir guttut, weitergemacht. Das war die absolut richtige Entscheidung! Mir tut es gut, mir meine Gedanken von der Seele zu schreiben, mich mit anderen auszutauschen und ich freu mich heute noch, wenn mir andere positives Feedback darüber geben, dass es ihnen hilft mit mir zu reden. Instagram hilft mir heute noch besser beim Verarbeiten als der Gang zu meiner Therapeutin! Man denkt immer, Sternenkinder sind ein Tabuthema, dabei ist genau der Gedanke der falsche Weg damit umzugehen. 

Wie ging es dir in deiner vierten Schwangerschaft mit Matheo, als du erfahren hast, dass dein Baby nicht überleben wird? 

Richtig erfahren, dass Matheo nicht überleben wird, haben wir nicht. Als es kritisch wurde und eine schlechte Nachricht nach der anderen kam, ist für uns eine Welt zusammengebrochen. An einem läuft alles vorbei wie ein falscher Film, man fühlt sich, als wäre man nicht mehr in der Realität. Uns wurde in der 21. Woche gesagt, dass wir die Schwangerschaft vorzeitig beenden können und die Ärzte hatten auch nicht viel Hoffnung darin, dass die Schwangerschaft aufrechterhalten werden kann. So richtig realisiert habe ich das aber erst jetzt im Nachhinein. Einen Abbruch wollte ich nicht, meine Hoffnung war so groß! Also lag ich 2 Wochen einfach nur Zuhause, konnte nichts ändern und habe gehofft, dass alles gut wird. Als Matheo im Bauch verstorben ist, merkte ich genau, dass irgendwas nicht stimmt, und bin zum Notdienst gefahren. Der hat dann das bestätigt, was ich innerlich plötzlich schon geahnt hatte. Richtig realisiert, dass mein Baby tot ist, habe ich erst, als er Stunden nach der Stillen Geburt weggetragen und nicht mehr zurückgebracht wurde. Das war für uns der schlimmste Moment! 

Was hat dir in der schweren Zeit geholfen? Was hat dir Trost gegeben? 

In der ersten Zeit danach ist es sehr schwer, fast unmöglich, wirklich Trost zu finden. Reden ist meiner Meinung nach aber das Wichtigste! Seine Gefühle zuzulassen und zu fühlen, nicht zu unterdrücken. Gefühle sind da, weil sie gefühlt werden möchten! Wir haben für Matheo damals ein Kissen mit seinen Geburtsdaten geschenkt bekommen, und mit dem Kissen zu kuscheln hat immer Trost gespendet. Man hat etwas, mit dem man kuscheln kann, etwas in den Händen, man sitzt nicht leer da. So ist es für uns auch heute noch und das hilft uns auch bei Charly am besten. Mittlerweile haben wir 2 Trost-Kuscheltiger bei uns am Sofa sitzen, einer heißt Charly, einer heißt Matheo. Sie tragen beide ein Halstuch mit ihrem Namen und sitzen immer zusammen da, warten darauf, von uns gekuschelt zu werden. Das gibt uns Trost! 

Wie hast du mit deinen beiden Kindern darüber gesprochen? 

Wir gehen ganz offen mit dem Thema um, auch bei unseren Kindern. Der Große, Fabio, bekommt mit 8 Jahren schon ganz genau mit, was los ist. Umso wichtiger fanden wir es, mit ihm offen, aber dennoch sensibel über alles zu sprechen. Bei Matheo haben wir ihm erzählt, dass er in meinem Bauch nicht mehr weiterwachsen konnte und dass ein so klitzekleines Baby noch nicht stark genug für die Welt ist. Dass es Matheo besser geht, wenn er wieder zu seinen anderen Engelchen zurückzieht. Bei Charly war das schon nicht mehr so gut wegzustecken. Durch meinen Krankenhausaufenthalt wusste Fabio ganz genau, da stimmt was nicht. Also haben wir wieder offen mit ihm über alles geredet und ihn leider auch vorsichtig darauf vorbereiten müssen, dass Charly zu Matheo gehen könnte.

Als Charly dann auf der Welt war, war für Fabio die Sache erledigt und er dachte, es ist jetzt alles in Ordnung. Wir haben ihm erklärt, dass Charly jetzt da ist und wir natürlich alle hoffen, dass er ganz schnell wachsen kann, aber auch, dass er eigentlich noch viel zu klein ist. Der Kleine hat das alles noch gar nicht so richtig mitbekommen, er kennt die Namen und spricht die Kuscheltiger auch so an. Er erkennt Charly auch auf den Bildern, aber richtig realisieren tut er es nicht und das muss er auch gar nicht. Irgendwann kommt vielleicht das Interesse und dann werden wir auch mit ihm offen darüber reden. Aber wir nehmen beide Kindern mit zum Grab und beziehen Charly und Matheo mit in unsere Familie ein. Sie gehören einfach dazu! 

Du bist nach Matheo wieder recht schnell mit Charly schwanger geworden. Hast du diese Schwangerschaft anders erlebt als die davor? 

Die Schwangerschaft mit Charly war so schnell eigentlich gar nicht geplant. Ich war voller Freude, aber auch voller Angst. Medizinisch war ich bestens vorbereitet, das hat mir ein sicheres Gefühl gegeben. Ich habe sehr viel meditiert und versucht, mich von meiner Angst zu lösen. Ich habe die Schwangerschaft sehr intensiv wahrgenommen. An jeden positiven Strohhalm habe ich mich festgeklammert. Charly war ein sehr aktives Baby im Bauch, das hat mich so sehr gefreut! Als Mama hat man immer von Anfang an eine besondere Verbindung zu seinem Baby, aber bei Charly war diese Verbindung sehr intensiv. Das kann ich gar nicht schreiben, ohne dass mir die Tränen runterlaufen. 

Der kleine Charly wurde im Juli 2021 als Extremfrühchen geboren, doch hat es trotz großem Kampf nicht geschafft. Wie begleiten dich deine drei Sternchen heute im Alltag? 

Unsere 3 Sternchen sind für uns Familienmitglieder und gehören zu uns. Von unserem ersten Sternchen weiß nicht jeder, da es ja recht früh passiert ist. In unserem Garten haben wir ein Sternenkinderbeet angelegt, dass wir immer zusammen gestalten und pflegen. Jedes Sternchen hat seinen eigenen Stein in dem Beet liegen. Das ist für uns ein Ort, an dem wir uns gerade Sternli und Matheo sehr nah fühlen, da sie ja kein eigenes Grab haben. Charly hat sein Grab bei uns im Dorf, auf seinem Grabstein werden 3 Sterne für alle 3 graviert. Mir tut es gut, wenn ich etwas zu tun habe, etwas habe um das ich mich kümmern kann. Und so stecke ich viel Liebe in Charlys Grab und unser Sternenkinderbeet. 

Warum ist ein Gedenktag für Sternenkinder deiner Meinung nach so wichtig? 

Es gibt den Muttertag, Vatertag, Weltkindertag – also warum nicht auch einen Tag für unsere Sternenkinder? Es ist unglaublich wichtig, dass dieses Tabu um Sternenkinder und Fehlgeburten immer mehr gebrochen wird! Sternenkindeltern müssen noch viel mehr beachtet werden, sie sind Eltern, die trauern. Egal, in welcher Woche man sein Kind verloren hat, man ist und bleibt eine Mama. Ich kann nur für mich sprechen, aber ich finde den Gedanken, dass jedes Jahr am 15. Oktober an all unsere bezaubernden Sternenkinder gedacht wird, herzergreifend. 

Unsere Kinder haben sich bewusst uns als Eltern ausgesucht und auch, wenn unsere Hände nicht verbunden sind, unsere Seelen sind es für immer! 

JASMIN

Gibt es etwas, das du anderen Sternenkindmamas mitgeben möchtest? 


Jasmin mit ihrer Familie

Jede Mama muss da ihren eigenen Weg für sich finden, leider gibt es keinen Weg, der für alle passt. Es ist wichtig, den Weg für sich zu finden, seine Gefühle zu fühlen und wieder zu sich zu finden. Manchmal muss man sich auch trauen, viel auszuprobieren, um herauszufinden, was einem gut tut. Aber es gibt etwas, das ich jedem mit auf den Weg geben will: Verliert nie euer Lächeln! Unsere Kinder haben sich bewusst uns als Eltern ausgesucht und auch, wenn unsere Hände nicht verbunden sind, unsere Seelen sind es für immer! Und unsere Kinder würden nicht wollen, dass wir unser Lächeln verlieren! Das sollte man sich immer im Hinterkopf behalten. 

Vielen Dank für deine Antworten, liebe Jasmin! Wenn ihr mehr über Jasmins Geschichte erfahren wollt, schaut doch mal auf ihrem Instagramprofil @mama.mit.vorzuegen vorbei!


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